Das Unternehmen „Glacières de Sylans“ entstand Ende des 19. Jahrhunderts am Ufer des Sees „Lac de Sylans“, dessen Wasser eine sehr hohe Reinheit aufweist. Blicken Sie 140 Jahre zurück, auf einen der größten Standorte zur Gewinnung von Natureis und lassen Sie sich die Geschichte eines bemerkenswerten Industrieerbes erzählen! Erleben Sie die Zeit, in der es noch keine Kühlschränke und Tiefkühltruhen gab, neu…
Joachim Moinat, DER pionier
Im Jahre 1864 kam Joachim Moinat, Besitzer des "Café du Paradis" in Nantua, auf die Idee, das Eis des Sees "Lac de Sylans" abzubauen. Die Anfänge waren bescheiden, da er sich zunächst damit zufriedengab, nur so viel Eis zu ernten, wie er für die Bewirtung seiner Gäste benötigte.
Nachdem er bei den Gemeinden Le Poizat und Les Neyrolles die Nutzungsrechte erworben hatte, errichtete er im Jahre 1869 eine echte Eisfabrik und ließ einen Weg anlegen, der bis zur Straße Lyon-Genf führte. Im Jahre 1871 verkaufte er sein "Café du Paradis", um sich auf das "Buffet de la Gare" und die Eisproduktion zu konzentrieren. Ab 1873 erhielt Joachim Moinat durch Anordnung des Präfekten die Erlaubnis, den Bahnhof am See offiziell zu nutzen.
Als erfahrener Unternehmer profitierte er 1882 von der Verlängerung der Bahnstrecke von La Cluse nach Bellegarde-sur-Valserine und ließ im Jahre 1883 einen Gleisanschluss bis zur Eisfabrik bauen, woraufhin die Städte Lyon, Paris und sogar Algier beliefert werden konnten.
Am 17. Januar 1884 verkaufte Joachim Moinat seine Eiswerke an das Unternehmen "Société des Glacières de Paris".
Galcières de Sylans café paradis
Glacières de Sylans recolte glace double drague 1 et 2
LUXUSPRODUKT EIS
Schon in der Antike verbreitete sich die Verwendung von Eis bis in die höchsten Schichten der Gesellschaft. Das Eis, das sowohl für Konservierungszwecke, als auch für die Zubereitung von Getränken und Speisen gewonnen wurde, entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem an den europäischen Königshöfen unumgänglichen Produkt. In der Renaissance brachte Katharina von Medici die Sorbet-Mode nach Frankreich, die sich ab dem 18. Jahrhundert verallgemeinerte.
Verpackung des Eises
Zuerst musste man das Eis auf Wagen mit 3 Tonnen Gewicht transportieren, die von drei bis vier Pferden gezogen wurden. Die Eisblöcke wurden in doppelten Rahmenkonstruktionen mit zweifacher Holzverschalung isoliert, die mit 20 bis 30 Zentimeter dicken Strohschichten bedeckt waren.
Später änderten sich die Verpackungsarten: Die Eisblöcke wurden in Sackleinen gewickelt, mit Stroh und Planen zugedeckt und mit dem Warnhinweis „Nicht lange stehenlassen“ versehen. Die Waggons fuhren möglichst während der Nacht, damit die Verluste so gering wie möglich ausfielen. Durch diese Maßnahmen konnten die Eisverluste relativ gering gehalten werden: Von 10 Tonnen Eis bei der Abfahrt von Sylans blieben bei der Ankunft in Paris 8 Tonnen übrig.
Glacières de Sylans photo 1880 construction du chemin de fer
Glacières de Sylans tunel et wagons 1907
Glacières de Sylans voir ferrée et 1er batiment BD
Glacières de Sylans batiments et wagons vides BD
Gleisanschluss an die bahnlinie
Im Jahre 1883 wurden die Eiswerke an das Streckennetz der Eisenbahngesellschaft PLM (¨Paris-Lyon-Marseille) angeschlossen. Die Bahngleise führten durch die Gebäude. Wenn die Ernte im Winter sehr groß ausfiel, konnten Waggons auf zwei Außengleisen mit Eis beladen werden.
Durch den Eisenbahntransport erfuhren die Eiswerke eine bemerkenswerte Blüte: Täglich verließen zwanzig bis dreissig Waggons mit jeweils zehn Tonnen Gewicht Sylans. In den guten Jahren wurden täglich ungefähr 50 Waggons verschickt. Das Ziel: Lyon, Paris, große französische Städte und sogar Algier.
industrieller aufschwung, „les glacières de Paris“
Die Übernahme durch das Unternehmen „Société des Glacières de Paris“ öffnete den Weg für das industrielle Wachstum. Zwischen 1890 und 1900 wurden die Holzhäuser, die zur Konservierung des Natureises und zur Arbeitsorganisation dienten, durch große Steingebäude ersetzt, die bis heute erhalten sind. Durch den rationalisierten Betrieb konnten in guten Jahren täglich 20 bis 30 Waggons mit jeweils 10 Tonnen Eis verschickt werden.
DIMENSIOnen des grossen eisfabrikgebäudes
140 Meter lang
30 Meter breit
12 Meter hoch
Lagerkapazität : 40.000 Tonnen
Entwicklung der eiswerke
Nach der Ernte des Eises und vor dessen Verbrauch musste ein geeigneter Ort für die Eislagerung gefunden werden. Zuerst wurden Eisschächte verwendet, anschließend Eishütten aus Holz oder Stein. Die Lagerung beruhte auf einem einfachen Grundsatz, nämlich der thermischen Isolation, die es ermöglicht, die von einem Stoff ausgehende Wärmeleitung zu reduzieren. Daher waren die ersten Eishütten unterirdisch oder halbunterirdisch.
Glacières de Sylans glacieres en bois en 1883
Glacières de Sylans batiments avant 1905
Glacières de Sylans vue generale
Glacières de Sylans vue d ensemble batiments
Glacières de Sylans batiments annexes
1869 : Steinhäuser mit Strohdach
1875 : mehrere Holzhäuser
1885 bis 1910: 4 Steinkonstruktionen
architektur der eiswerke von Sylans
Während die ersten Gebäude sehr bescheiden waren, veränderte sich deren Bauweise im Laufe von circa 50 Jahren beträchtlich.
Die Mauern der ersten Holzhäuser bestanden aus zwei doppelten Wänden mit einem 30 cm breiten Hohlraum, durch den dank der Luftzirkulation die Isolation begünstigt wurde. Auf diese Weise wurde das Eis bis in den Sommer hinein konserviert.
Das Geschäft florierte, daher mussten die Gebäude vergrößert werden. Im Jahre 1905 wurde der Lagerraum des großen Eisfabrikgebäudes (vor Ihren Augen) mit einer Betonplatte zugedeckt („Hennebique-System“, erster armierter Beton). Auf diesem wurde eine Strohschicht angebracht, die die thermische Isolation sicherstellte. Die Öffnungen wurden an der Nordfassade platziert, damit die Kühle im Gebäude blieb.
schwere arbeitsbedingungen
In sehr kalten Wintern konnte das Eis in einer Nacht bis zu 5 cm dick werden. Ständig mussten Boote hin- und herfahren, um ein erneutes Zufrieren des Kanals zu verhindern. Die Bärte und Schnurrbärte der Männer (fast alle Männer trugen damals Bart) froren an und waren voller Eisklümpchen: Um die Füße warmzuhalten, trugen sie Lederstiefel mit angenagelten Holzsohlen.
Glacières de Sylans drague 4recolte glace
Glacières de Sylans recolte 3
Glacières de Sylans recolte 2
Glacières de Sylans equipe ouvriers permanents en 1894
zwei schichtgruppen
Von 6.00 bis 18.00 Uhr mit einstündiger Essenspause
Von 18.00 bis 6.00 Uhr mit einer einstündigen Pause etwa um Mitternacht
arbeitsorganisation
Die Männer arbeiteten sieben Tage die Woche. Für ihren Arbeitsweg in die Eisfabrik brauchten die Arbeiter von Le Poizat je nach Schneelage etwa eine Stunde. Sie nahmen einen sehr steilen Weg, genannt „Sentier de la Soupe“ (Suppenweg).
Die Glücklicheren (das heißt diejenigen, die in der Nähe der Gebäude arbeiteten) verbrachten ihre Essenspause in der geheizten Kantine. Die Arbeiter, die am Ende des Sees arbeiteten, benutzten ein kleines Holzboot in der Nähe des Bahngleises.
Niedergang
Ab den 1910-er Jahren stagnierte das Geschäft, die wachsende Konkurrenz durch das Kunsteis, die weniger kalten Winter und vor allem der Kriegseintritt Frankreichs im Jahre 1914 brachten schließlich sein unwiderrufliches Ende.
Die Arbeiter, die nicht in den Krieg gezogen waren, setzten den Eistransport fort. Die letzte Ernte wurde von 30. Januar bis 10. Februar 1917 eingefahren. In der Tat gab das Unternehmen „Les Glacières de Paris“ den Standort schließlich auf, um sich der Kunsteisproduktion zu widmen.
Da im Jahre 1926 die Nutzungsrechte ausliefen, gab das Unternehmen „Les Glacières de Paris“ die Gebäude, die für eine Dauer von 50 Jahren an sie verpachtet worden waren, den Gemeinden zurück.
Glacières de Sylans les ruines en 1940
Glacières de Sylans ruines en 1950
Erfahrungsbericht
Eiswerk Glacières de Sylans
Charles Roget - Arbeit im Eiswerk Glacières de Sylans
Als 1914 der Krieg ausbrach, wurde mein Vater eingezogen. Die Verwaltung des Unternehmens Glacières de Paris, das in der Gewinnung von Natureis tätig war, beauftragte meine Mutter, gegen...
In freier Besichtigung oder mit einem Fremdenführer
Die Stätte ist für eine freie und kostenlose Besichtigung angelegt (die Gletscher sind ständig zugänglich). Sie können auch beim Fremdenverkehrsbüro eine Führung buchen.
Die Führungen „Instants Haut-Bugey“ im Sommer
Den ganzen Sommer über bietet das Fremdenverkehrsbüro Haut-Bugey Führungen zu den Gletschern immer samstags um 20.30 Uhr oder sonntagmorgens um 10 Uhr an. Erwachsener: 7,50 € / Kind (7-12 Jahre): 3,50 €